Methoden
Hyänen habituieren und beobachten
Geschlechter bestimmen
Den sozialen Rang bestimmen
Väter und Mütter bestimmen
Ökologische Daten sammeln
Hyänen identifizieren
Jede Tüpfelhyäne hat ein einzigartiges Tüpfelmuster. Hyänen unterscheiden sich zudem in ihrer Frisur und der Fellfarbe. Manche haben blondes, kurzes Fell mit nur wenigen braunen Tüpfeln, andere haben rötliches Fell mit vielen, kleinen Tüpfeln, und bei wieder anderen sind die Tüpfel groß und schwarz. An diesen Merkmalen lassen sich Tüpfelhyänen gut erkennen und voneinander unterscheiden.
Die Farbe und Länge des Fells verändert sich mit dem Alter. Dies beeinflusst, wie gut das Muster zu erkennen ist. Neugeborene Hyänen kommen mit schwarzem Fell zur Welt. Im Alter von ca. einem Monat hellt sich das Fell auf und die Tüpfel erscheinen, zuerst an Hals und Schulter und zuletzt an den Hinterbeinen; 5 Monate nach Geburt ist bei den meisten Jungen das gesamte Tüpfelmuster erkennbar. Im Alter von sieben bis 15 Monaten wachsen längere Haare, das Muster wird undeutlich, und die Hyänen sind auch für erfahrene Beobachter nur schwer zu identifizieren. Danach wachsen wieder kürzere Haare und das Muster ist wieder klar zu erkennen. Im hohen Alter werden die Fellhaare kürzer und die Tüpfel verblassen, doch das Muster bleibt fast immer erkennbar.
Wer ein wenig Zeit mit Tüpfelhyänen verbringt, erkennt bald die Muster verschiedener Hyänen. Die Muster von bis zu 550 Hyänen auswendig zu kennen und in jeder Situation schnell und zuverläßig abrufen zu können, bleibt jedoch eine große Herausforderung. Und dass sich die Muster der beiden Körperseiten einer Hyäne voneinander unterscheiden, macht die Sache nicht einfacher…
Als Gedächtnisstütze erstellen wir für jede Hyäne ‚Identitätskarten‘. Auf diesen Karten werden die beiden Fotos der Körperseiten aufgebracht und Informationen wie die Identifikationsnummer, der Name, und das Geburtsdatum der Hyäne notiert. Um die Hyänen möglichst schnell identifizieren zu können, werden die Karten nach Clans sortiert und beim Antreffen einer Hyäne in einem Territorium die Karten des entsprechenden Clans zuerst betrachtet.
Wenn wir die Hyäne nicht gleich erkennen, vergleichen wir das echte Muster mit demjenigen auf den Fotos. Bei Zeitdruck machen wir inzwischen jedoch oft einfach ein neues Foto und vergleichen die Muster später. Digitalkameras sind für diesen zentralen Teil unserer Arbeit äußerst wertvoll.
Aber was, wenn das Fell schmutzig wird? Hyänen kühlen sich gerne im Wasser, vor allem an heissen Tagen und nach einem sättigenden Mahl. Dabei sind sie nicht wählerisch, sondern legen sich durchaus auch in schlammige Tümpel, wenn es gerade keinen See oder Fluss in der Nähe hat. Danach ist das Tüpfelmuster oft kaum noch zu erkennen und wir müssen auf andere Merkmale zurückgreifen. Glücklicherweise haben viele Hyänen auch Kerben in ihren Ohren oder Narben am Körper, und auch ihr Charakter und Merkmale wie die Körperform und der Gang helfen bei der Identifizierung.
Hyänen habituieren und beobachten
Im Ngorongoro-Krater gibt es sehr viele Tiere, die für Menschen gefährlich werden können. Für unsere Forschungen fahren wir deshalb immer in einem Auto zu den Hyänen. Um sich ihnen in einem Auto nähern und ihr natürliches Verhalten beobachten zu können, müssen sie an unsere Anwesenheit gewöhnt werden.
Tüpfelhyänen sind vorsichtig, wenn sich ihnen Menschen und Fahrzeuge nähern. Sie sind aber auch neugierig und können, mit ein wenig Geduld, gut an die Anwesenheit von Beobachtern gewöhnt werden. Am besten klappt das, wenn sie noch jung sind. Wenn sie einmal Vertrauen gefasst haben, lassen sie sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen und beachten einen kaum noch.
Trotzdem gibt es Unterschiede im Grad der Habituation, denn jede Hyäne hat eine eigene Persönlichkeit und macht andere Erfahrungen. So sind z.B. die Triangle-Clan-Hyänen scheuer als die Hyänen anderer Clans, denn sie haben bei ihren Besuchen auf dem Kraterrand vermehrt Kontakt zu Touristenautos und Menschen, die sie vertreiben.
Um das natürliche Verhalten der Hyänen beobachten zu können, ist es deshalb entscheidend, dass wir die Hyänen kennen und uns ihnen nur so weit nähern, wie sie dies akzeptieren. Diese Beobachtungsdistanz erkennen wir an ihrem Verhalten – wenn sie unruhig werden oder sich von uns entfernen, wissen wir, dass wir zu nahe waren.
Geschlechter bestimmen
Junge Weibchen und Männchen sind äußerlich kaum voneinander zu unterscheiden. Weibchen haben eine verlängerte Klitoris (einen ‚Pseudopenis‘), die erigiert werden kann und dem Penis der Männchen gleicht. Die äußeren Schamlippen sind zudem zu ‚Pseudohoden‘ verwachsen, die den männlichen Hoden gleichen. Außerdem sind bei jungen Weibchen die Zitzen noch sehr klein. Klare Unterschiede bei Körpergröße und Körperbau gibt es, anders als oft behauptet, nicht.
Tatsächlich kommt es in Zoos deswegen immer wieder zu Überraschungen, wenn ein vermeintliches Männchen plötzlich Junge wirft oder sich herausstellt, dass ein vermeintlich unfruchtbares Paar aus zwei Weibchen oder Männchen besteht.
Am besten wird das Geschlecht an der Form der Spitze des Penis bzw. Pseudopenis bestimmt: Bei den Männchen ist das Ende zugespitzt, bei den Weibchen stumpf. Dies geht am besten dann, wenn sich zwei Hyänen treffen und miteinander das Begrüßungsritual durchgehen.
Den sozialen Rang bestimmen
Soziale Interaktionen geben Aufschluss über die Dominanzverhältnisse zwischen zwei Hyänen. Für die Bestimmung des sozialen Ranges einer Hyäne und der Hierarchie eines Clans muss man jede Hyäne bei Interaktionen mit allen anderen Mitgliedern beobachten und anhand ihres Verhaltens bestimmen, wer dominant ist. Das dominante Tier hat dabei jeweils die Ohren aufgestellt und nach vorne gerichtet und den Schweif aufrecht gestellt. Das tieferrangige Tier legt die Ohren an, zeigt die Zähne, zieht den Schweif zwischen die Beine und senkt den Kopf.
Besonders aufschlussreich ist das Begrüßungsritual. Wenn sich zwei Hyänen begegnen, erigiert das unterwürfige Tier seinen Penis bzw. Pseudopenis und hebt zuerst sein Bein oder legt sich hin. So kann das dominante Tier seine Genitalregion inspizieren. Dieses Ritual bestätigt das Dominanzverhältnis und stärkt die Freundschaft. Schon ganz junge Hyänen im Alter von vier Wochen gehen dieses Ritual ein. Dabei lernen sie unter anderem, welche Clan-Mitglieder tiefer- bzw. höherrangiger sind.
Väter und Mütter bestimmen
Die Eltern zu kennen ist sehr wichtig. Ein zentraler Bestandteil unserer Forschung ist die Bestimmung des Fortpflanzungserfolges unserer Studientiere und die Erstellung eines detaillierten Stammbaumes der Hyänenpopulation des Ngorongoro-Kraters. Dafür müssen wir möglichst vielen Individuen ihre leiblichen Eltern zuordnen. Da die Väter sich nicht um ihren Nachwuchs kümmern und Mütter (in seltenen Fällen) Junge von anderen Müttern adoptieren, können wir uns nicht auf unsere Verhaltensbeobachtungen verlassen, sondern müssen genetische Elternschaftsanalysen durchführen.
Extraktion der DNA der Jungtiere, ihrer Mütter und der möglichen Väter. Für die Elternschaftsanalysen sammeln wir Kot-, Haar- und Gewebeproben. Hyänenkot ist von einer dünnen Schleimschicht überzogen. Diese Schicht enthält Zellen des Darmepithels und kann auf einfache Weise abgelöst und in einen Behälter mit Konservierungsflüssigkeit überführt werden. Um sicher zu stellen, dass der Kot dem richtigen Individuum zugeordnet wird, sammeln wir ihn immer gleich nachdem er abgesetzt wurde. Haare sammeln wir von neugierigen Junghyänen, die sich unserem Auto nähern, und Gebeweproben sammeln wir von toten Hyänen. Aus diesen Darmepithel-, Haarwurzel- und Gewebezellen extrahieren wir DNA mittels im Handel erhältlicher Standard-Kits.
Vervielfältigung von Genabschnitten und Vergleich der Allele. Im zweiten Schritt werden mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) Abschnitte in neun Regionen des Hyänengenoms vervielfältigt. Diese Abschnitte oder ‚Mikrosatelliten‘ variieren in ihrer Länge und jede Länge entspricht einem ‚Allel‘; unsere Genom-Regionen haben bis zu 16 verschiedene Allele. Im dritten Schritt werden die Längen der Abschnitte gemessen und den Allelen zugeordnet. Jedes Individuum hat zwei Allele pro Region, eines von der Mutter und eines vom Vater. Für die Bestimmung der leiblichen Eltern muss dann nur noch die Allel-Kombination der neun Regionen der untersuchten Hyäne mit derjenigen der in Frage kommenden Väter und Mütter verglichen werden.
Ökologische Daten sammeln
Um besser zu verstehen, wie Tüpfelhyänen mit Veränderungen ihrer biotischen und abiotischen Umwelt zurechtkommen, erheben wir detaillierte Temperatur- und Niederschlagsdaten und führen monatliche Erhebungen über die Beutetiere im Kraterboden durch.
Wir messen die Veränderungen des Wetters im Krater. Um zu verstehen, wie der Klimawandel sich auf die Tüpfelhyänen und ihr Ökosystem auswirkt, haben wir vier Wetterstationen aufgebaut, die Temperatur- und Niederschlagsdaten aufzeichnen. Drei Stationen wurden auf dem Kraterboden installiert: die Station „Ngoitokitok“ befindet sich in der Nähe des Ngoitokitok-Picknickplatzes, die Station „Acacia“ beim Rangerposten im Lerai-Wald und die Station „Jackal Hill“ in der Nähe des Jackal Hill. Die vierte Station „Lemala“ befindet sich auf dem Kraterrand (2400 m Höhe) an unserer Forschungsstation in der Nähe des Lemala-Rangerpostens.
Wir haben die Stationen zwischen September 2021 und März 2022 installiert, und nach einigen durch wilde Tiere verursachten Pannen (z. B. Büffel, die unsere eigentlich zur Abwehr gedachten Nägel zum Kratzen ihres juckenden Hinterns benutzten und damit die Stangen verbogen…) sind die Stationen jetzt in Betrieb und messen zuverlässig und genau Lufttemperatur, Niederschlag, relative Luftfeuchtigkeit und Luftdruck.
Wir geben die Wetterdaten an die lokalen Behörden und interessierte Forscher weiter und organisieren Workshops, um einen dauerhaften Wissenstransfer zu gewährleisten.
Kontaktiert uns, falls Ihr auch Interesse an den Daten habt!
Wir ermitteln die Häufigkeit und Verteilung der Beutetiere. Im Ngorongoro-Krater gibt es keine epischen Herbivorenwanderungen wie in der Serengeti, aber das bedeutet nicht, dass die Anzahl und Vielfalt der großen Pflanzenfresser im Krater nie schwankt – ganz im Gegenteil: die Gebiete der Hyänenclans weisen das ganze Jahr über starke Schwankungen in der Beutedichte auf. Um die Pflanzenfressergemeinschaft im Krater und die Dichteverteilung der verschiedenen Arten zu erfassen, führen wir monatliche Erhebungen durch, um insbesondere diejenigen Tiere zu zählen, die den größten Teil der Nahrung der Hyänen ausmachen: Gnus, Zebras, Büffel und Grant- und Thomson-Gazellen.
Diese Erhebungen erstrecken sich über 23 Transekten, die die Territorien aller acht untersuchten Hyänenclans abdecken. Bei diesen Erhebungen lernen wir nicht nur etwas über die Pflanzenfresser, sondern auch über das wunderbare Ökosystem, in dem sie leben. Außerdem bekommen wir manchmal auch scheue Tiere wie Servale und Honigdachse zu Gesicht.
Setzt Euch mit uns in Verbindung, falls Ihr Interesse an den Beutetierdaten habt!
Weitere Informationen
Wilhelm K, Dawson DA, Gentle, LK, Horsfield GF, Schlötterer C, Greig C, East M, Hofer H, Tautz D, Burke T (2002) Characterization of spotted hyena, Crocuta crocuta microsatellite loci. Molecular Ecology Notes 3: 360-362.